LKW vs. Eisenbahn

Die Bedeutung des LKW im Verhältnis zur Eisenbahn wächst

Trotz oder vielleicht auch wegen solcher harten Bedingungen florierte das Geschäft der Gebrüder Sommer. Mit Beharrlichkeit wurde in den Folgejahren das Fuhrgeschäft ausgebaut und gewann zunehmend an Bedeutung. Bald war die Spedition eines der wichtigsten Transportunternehmen zur Versorgung des Wirtschafts- und Kulturraums Eichsfeld. Befördert wurden alle Güter, die der Heimatraum produzierte oder benötigte. Neben Papier, Zellulose, Steinen, Kohle und Sammelgut gehörten Öl in Rollreifenfässern, Tee und Kaffee in Säcken, gebündelte Baumwolle und Barren aus Blei zu den Ladegütern der Büssing-LKW der Firma Sommer. Mit der abnehmenden Bedeutung für den Eisenbahntransport geeigneter Massengüter wie Kohlen und Steine und dem Zuwachs bei hochwertigen Stückgütern spielte zu der Zeit der LKW dank seiner größeren Flexibilität seine Stärken auf einem engmaschigen Straßennetz gegenüber den weitläufigen Schienenverbindungen aus. Mit der steigenden Wertigkeit der Güter gewannen Schnelligkeit und Pünktlichkeit als typische Leistungsmerkmale des LKW immer mehr die Oberhand.

Dies zeigte sich auch in der kontinuierlich positiven Entwicklung der Spedition Sommer. 1939 wurde es den Sommer-Brüdern im elterlichen Anwesen zu eng und sie erstanden ein Grundstück an der Peripherie von Gieboldehausen. Dort errichteten Sie ein Wohnhaus und eine Garage mit Werkstatt. Bescheidener Güterumschlag und Lagerung waren dort ebenfalls möglich. Sowohl in Gieboldehausen als auch unterwegs an den Lade- und Abladestellen war nach wie vor Handarbeit angesagt. Lademittel wie Stapler, Kran oder Hubwagen gab es noch nicht. Die Arbeit war sehr schweißtreibend und ermüdend. Auch das Fahren der Fernlaster war sehr anstrengend. Erst in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre gab es die ersten Autobahnkilometer in Deutschland. Ein solches Teilstück verband Hannover mit Berlin. Außerdem gab es ein Stück Autobahn zwischen Bremen und Lübeck. Die meisten Kilometer wurden aber auf den kurvigen, engen und durch die Städte führenden Landstraßen zurückgelegt. Eine Tour von Gieboldehausen nach Hamburg und zurück dauerte deshalb in der Regel rund zwei Tage. Um sich von den Strapazen des Auf- und Abladens zu erholen, suchten die Herren Chauffeure dann hin und wieder die an den Fernstraßen liegenden Kneipen und Gasthäuser auf. Da konnte es dann schon einmal passieren, dass Fahrer oder Beifahrer bzw. auch beide versackten und nicht mehr in der Lage waren, den Fernlastzug nach Hause zu steuern. In solchen Fällen ließ sich dann einer der Chefs zum „Tatort“ fahren und brachte seinen Laster selbst in den heimatlichen Stall.

Die Missetäter hatten dann während der nächsten Woche Gelegenheit, in der Sommer´schen Landwirtschaft wieder nüchtern zu werden. Sie tauschten dann auf Zeit das Lenkrad des Fernlasters mit dem eines Hanomag Schleppers oder gar mit einer Forke. Einen erheblichen Einschnitt in die Entwicklung des Transportunternehmens bedeutete der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Fast alle LKW wurden im Laufe der Kriegshandlungen von der Wehrmacht eingezogen und sahen die Heimat nie wieder. Den Krieg überlebt haben ein Hanomag Kettenschlepper sowie ein alter Büssing Fernverkehrslaster in Gieboldehausen, da sie rechtzeitig unbrauchbar gemacht worden waren.